Großsiedlungen (> 1.000 Wohnungen) und deren Problemlagen werden besonders in Westdeutschland in der Stadtforschung meistens mit Großstädten in Verbindung gebracht. Entsprechend werden sie auch überwiegend im Kontext großstädtischer Entwicklungen analysiert und diskutiert. Wenig beachtet wurden bisher die spezifische Situation und die Rahmenbedingungen der zukünftigen Entwicklung von Großsiedlungen in Klein- und Mittelstädten, die in der Mehrzahl in den 1950er- bis 1970er-Jahren errichtet wurden.

Großsiedlungen kleiner Städte – welche dort in der Regel einen hohen Anteil am örtlichen Gesamtwohnungsbestand ausmachen – stellen mutmaßlich ganz eigene Herausforderungen an die Kommunen und die Wohnungswirtschaft: So steht der Wohnungsbestand der Großsiedlungen in Kleinstädten in besonderem Kontrast zum ortsspezifischen und vorherrschenden Ideal des frei stehenden Einfamilienhauses. Das Wohnen in den Großsiedlungen kann deshalb mit besonderer Stigmatisierung verbunden sein, und angesichts des demografischen Wandels in ländlichen Räumen wachsen die Schwierigkeiten, die Wohnungen in den Großsiedlungen marktfähig zu halten. Auch ist die Modernisierung von Großsiedlungen (Wohnungen, Wohnumfeld, Infrastruktur) eine komplexe und langwierige Aufgabe, die die Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltung in kleinen Städten schnell überfordert.

In einem Forschungsprojekt der Wüstenrot Stiftung in Kooperation mit dem Städtebau-Institut der Universität Stuttgart sollte daher ein systematischer Überblick zu diesem Siedlungstypus unter besonderer Berücksichtigung von Baden-Württemberg entstehen. Die Siedlungen wurden dafür nach zentralen Merkmalen wie Größe, Lage, Alter, städtebauliche Konzeption etc. kategorisiert. Dazu gehörte auch die Ausarbeitung der Bedeutung dieser Siedlungen für die Wohnungsversorgung und die Ortsentwicklung sowie die Auswertung bisheriger stadtplanerischer und wohnungswirtschaftlicher Strategien.

Aus diesen Erkenntnissen und der Bearbeitung von exemplarischen Fallbeispielen wurden Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Akteure*innen abgeleitet, also für Eigentümer*innen, Kommunen und Bewohner*innen-Initiativen.